Woher der Name "Milsen" stammt

Um die Entstehung oder den Ursprung des Namens "Milsen" sind sich die Gelehrten und Forscher nicht einig. Für uns ist "Mülsen" nicht allein der Name eines Baches oder Landstriches, dieses Mülsen finden wir nicht nur einmal in unserem Mülsengrunde!

Vier Ortschaften nennen sich "Milsen", da haben wir die drei "heiligen" Mülsen: St. Jacob, St. Niclas und St. Micheln und dazu noch Niedermülsen. So zahlreich, wie hier, wird wohl kaum wieder ein Bachname zu Ortsbezeichnungen verwendet worden sein, noch dazu bei einem Bächlein von so geringer Länge. Der weit größere und längere Lungwitzbach findet z.B. seinen Namen nur in zwei Ortsbezeichnungen wieder: Ober- und Niederlungwitz.

Wir sehen also schon aus diesem kurzen Hinweis, dass es um den Namen "Milsen" eine ganz besondere Bewandtnis hat. Was mag wohl der Grund dazu sein? Ist etwa "Milsen" ein so schönes und beliebtes Wort?

Dass es nicht an dem ist und sein kann, merken wir sofort, wenn wir irgend jemand, der täglich das Wort "Milsen" gebraucht, nach der Herkunft dieses Wortes befragen. Wohl selten kann uns jemand da eine richtige Auskunft geben!

Wie schon eingangs bemerkt, sind sich selbst die Wissenschaftler noch nicht einig und können keine einwandfreie Antwort geben. Wir haben drei verschiedene Ansichten, die Anspruch auf Richtigkeit erheben. Wir haben drei verschiedene Ansichten, die Anspruch auf Richtigkeit erheben.

Als geschichtlich feststehend können wir annehmen, dass unser Mülsengrund früher von heidnisch-slawischen Volksstämmen bewohnt war. Erst als um 1100 die Markgrafen von Meißen von dieser Gegend Besitz ergriffen, trat hier eine merkliche Wandlung ein. Die Slawen wurden immer mehr verdrängt, z.T. vermischten sie sich auch mit den eingewanderten Deutschen und traten zum Christentum über. Ehe an eine Christianisierung der altansässigen Bevölkerung gedacht werden konnte, musste ein fester Stützpunkt für die deutschen Siedler geschaffen werden. Als diesen können wir wohl Thurm anrechnen. Hier in Thurm mag ein fester Schutzturm von den Kolonisten errichten worden sein und von hier aus mag auch eine planmäßige Besiedelung unseres Mülsengrundes erfolgt sein. Gewiss nicht zu Unrecht kann man also Thurm als die erste deutsche Siedlung im Mülsengrund ansprechen! Erst als dieser "feste Thurm" erbaut worden sein mag, mögen die anderen Orte entstanden sein.

Mit den weltlichen Kolonisatoren drangen aber auch die christlichen Kapellen, in Zwickau hatten bereits damals die Zisterzienser Mönche (Grauröcke) aus dem Grünhainer Kloster eine feste Niederlassung gegründet. Sie werden es also gewesen sein, die die einzelnen Kapellen erbaut haben. Jede dieser Kapellen war einem Schutzheiligen geweiht, so hier dem hl. Jacobus, dem Erzengel Michael und dem hl. Nikolaus. Zur Unterscheidung dieser Heiligenkapellen von anderen gleichen Namens in der Diazöse Zwickau setzte man vor sie die aus dem Slawischen stammende Bezeichnung "Milsen". Wir finden hier ein heidnisch-slawisches Wort mit einem christlich-germanischen Heiligennamen auf Jahrhunderte innig vereint.

Was bedeutet dieses "Mülsen"? Wir haben gesehen, dass die einzelnen Mülsenorte entstanden sind, der Mülsenbach schon seinen heutigen Namen gehabt haben mag. Die Orte und der ganze Mülsengrund nennen sich also nach dem Bach, der still in einem Seitentale der Mulde dahinzieht. Was liegt da näher, als dass man bei der Namensdeutung einmal das Gewässer und die slawischen Worte etwas angesehen hat, die mit "Wasser" irgendwie zusammenhängen?

So macht es der bekannte Sprachforscher Prof. Hey, der in seiner Arbeit die slawischen Ortsnamen des Königreichs Sachsen (1883) den Namen Mülsen von dem slawischen "mlizina", das heißt "Nebel", ableitet. Nach dieser Deutung müßten wir also unseren Mülsengrund als "Nebelgrund" ansehen.

Um das Jahr 1910 hat aber derselbe Forscher eine andere Auslegung gegeben; da leitet er "Mülsen" von dem altslawischen "mladu" und dem urslawischen "moldur" ab und kommt zu dem Ergebnis, dass "Mülsen" soviel wie "junger Wald, Jungholz, Gehau" mit reichem Jungwaldbestand gewesen sein.

Der Verfasser der Zwickauer Chronik, Dr. Herzog, dagegen nimmt an, dass der slawische Volksstamm, der hier ansässig war, ehe die germanischen Siedler eindrangen, die "Milziner" waren; unser Mülsengrund verdankt somit also diesen seinen Namen diesem Stamm. Allerdings bleibt uns Dr. Herzog die Bedeutung des namens "Milzin" schuldig. Bringen wir es in Verbindung mit der Erklärung von Dr. Hey, so wären jene Milziner so etwas wie "Nebelleute" oder "Waldmenschen" gewesen!

Wie der Verfasser der Glauchauer Chronik, Eckhardt, annimmt, dass die meisten Orte in unserem Mülsengrund bereits von den Kelten schon zu den Zeiten Davids und Salomos (?!) angelegt worden seien, so stützt sich auch der frühere Pfarrer Schluttig aus Mülsen St. Jacob auf diese Annahme. Auf alten Karten ist unser Mülsenbach auch "Milda" genannt worden. "Milda" aber bedeutet nach keltischer Wurzel soviel wie "Wasser". Nun nimmt Pfarrer Schluttig an, dass "Mil(d)sena" eine Verkleinerungsform von "Milda" sein könnte und kommt zu dem Schluss, dass Mülsen soviel wie "Ort am kleinen Wasser" bedeutet.

Betrachten wir nun diese vier Deutungen nebeneinander, so fällt uns sofort auf, dass die Deutung mit Hilfe des slawischen Wortstammes nicht allein klarer und ungesuchter, sondern auch besser begründet ist. Die Deutung aus dem Keltischen mag wohlgemeint, wird jedoch verfehlt sein. Unser Mülsengrund als "Nebelgrund" mag uns gar wohl erklärlich sein, noch dazu, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass damals noch ein sehr großes Sumpfgebiet hier gewesen sein mag.

Aus dieser kleinen Zusammenstellung aber ersehen wir, wie  überaus schwer es ist, auch nur ein einigermaßen klares Bild über unsere Heimat Vorzeit zu erlangen, und welch segensreiche Arbeit unsere Vorfahren durch ihre, allmähliche immer besser entwickelnde Geschichtsschreibung geleistet haben!             EVJS

[Zurück]