Die Namensdeutung der Ortsnamen des Mülsengrundes aus wissenschaftlicher Sicht

Die slavischen Siedelungen im Königreich Sachsen von Dr. Gustav Hey (Professor am Realgymnasium zu Döbeln), 1893

[Mülsen] asl. nigla, ow. mhla, mihel, tsch. mhla, mhla, mlzina, mlzinka, mlzicka Nebel. Mülsengrund und Mülsenbach, Zufluß der Zwickauer Mulde, 1118 (CS. 1, 2, 45) Milsena rivulus, = tsch. mlzina Nebelgrund [24]? Davon benannt die Ortschaften Mülsen St. Jakob, St. Micheln, St. Niklas und Niedermülsen, urk. Milßsen, Mulsin. 1328 von der Milsen, um 1344 Milssein, BM. Nicolai in der Mulsen... (ebenda, S. 270)

Das ganze neue Marktgebiet erfuhr nach dem Vorbilde des Reiches die Einteilung in Gaue, die als pagi, regiones oder provinciae urkundlich bezeichnet werden, und zwar finden wir auf dem Raume des heutigen Sachsen in den ersten Jahrhunderten des deutschen Kaisertums die folgenden deutschen Gaue (s. Posse´s Gaukarte in Codex diplomaticus Saxoniae regia I, 1 und in "Die Markgrafen von Meißen und das Haus Wettin")

1. Milzani...
2. Nilsani..
3. Dalaminza, Dalaminzi (Dalemjency), westlich und nördlich hiervon, im Gebiete der Röder, Elbe, Freiberger Mulde und Zschopau bis zur Chemnitz...
4. Scuntiza...
5. Zwikowe (Cwikowa), an der oberen Zwickauer Mulde...
6. Dobna...
7. vom Pilsni-Gau...
8. von Susali...    (ebenda, S. 17)
Abkürzungen: ursl = urslawisch
asl = altslovenisch
nsl = neuslovenisch
ow und nw = ober- und niederlausitzwendisch
srb = serbisch
tsch = tschechisch

BM = Bistumsmatrikel in Codex dipl. Sax. I, 1 (ebenda, S. 28)

Schlunzig a. d. Mulde bei Glauchau, 1219 Slunz, dann Schluntz, Schluntzck, Schlunzke, 1627 Schlunzig, vielleicht auch = slonica Salzbüchse, wegen irgend welcher Höhlungen... (ebenda, S. 292)

Daleminzier - Stamm und Gau, von der Chemnitz bis zur Pulsnitz, urk. provincia, regio, pargus, 968 zweimal Talemence, 970- 983 Dalaminza, 981 Dalminze seu Zlomekia, 1013 Dalaminci, 1046 Dalmatia, 1064 Deleminze, 1064-65 Talmence, 1069 Dalmince, 1074 Thalemenche, 1090 Thalamimci, 1095 Thaleminci...

...Die Erzeugung der Ortsnamen aus Appellationen, geschah teils durch Verwendung des Stammwortes ohne Veränderung desselben, teils durch Ableitung mittels Suffixe, teils durch Compositionen.

Die Namen des Mülsengrundes St. Niclas (1118 gelegentlich der Gründung der Zwickauer Marienkirche, der es zugehörte, zuerst erwähnt), St. Jacob erklären sich leicht. Stangendorf ist vielleicht von St. Annendorf, Thurm von St. Urban abzuleiten, weil auch das Gerichtssiegel den heil. Urban zeigt. Andere wollen allerdings Thurm von einem wirklichen Befestigungsturm herleiten (Colditz, Aus der Geschichte Schönburgs, 1904, S.10).

Als nach Naumburg zinspflichtig werden im Jahre 1320 aufgeführt: ...St. Micheln... Diese Kirchen gehörten den Sedes Glauchau, Lichtenstein, Hartenstein an, die bis zur Reformation dem Erzbistum Naumburg direkt unterstellt blieben. Vielfach wird behauptet, daß der ganze Sprengel dem Dekan von Lichtenstein unterstellt gewesen sei, doch beruht die Annahme auf einen Irrtum, wie neuerdings von Herrn P. Lic. Dr. Bönhoff im Neuen Sächs. Archiv 1903 nachgewiesen worden ist (ebenda, S. 169).

Quellennachweis:

Die slavischen Siedlungen im Königreich Sachsen (Hey, 1893) RB Kg 670
Die slawischen Ortsnamen des Königreichs Sachsen (Hey) RB 51/8º/277
Aus der Geschichte Schönburgs (Hugo Colditz, Oberlehrer in Lichtenstein, 1904) RB 57/8º/146
[RB = Ratsschulbibliothek Zwickau]

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